Mit der Kfz-Innung Schwaben konnten wir vier Workshop-Tage durchführen. Ziel war es, mit dem Führungsteam eine gemeinsame Vision für die Zukunft zu entwickeln. Ein ausführlicher Bericht der Begleitung.
Um Autohäuser und Kfz-Werkstätten auch künftig gut vertreten und unterstützen zu können, baut die Kfz-Innung Schwaben vor: Sie möchte agiler und flexibler werden und sich stärker digitalisieren. Den Generationenwechsel unter den Mitarbeitenden nahm die Organisation zum Anlass, eine neue Führungsstruktur aufzubauen. Doch die neuen Führungskräfte müssen erst in ihre Rolle hineinwachsen und sie gemeinsam definieren. In einem Workshop von ZUKUNFTmobil bekamen sie dafür Tools an die Hand, arbeiteten an ihren Zielbildern und entwickelten mehr Wir-Gefühl.
Interventionszeitraum: März bis Mai 2024
Ziele:
o Gemeinsames Verständnis für Führung aufbauen
o Wir-Gefühl im Kreis der Teamleads entwickeln
o Tools und neue Herangehensweisen kennenlernen, die Veränderung im Alltag unterstützen
o Unternehmenskultur und ihre Veränderung besserverstehen
o Sensibilität für die eigenen Stärken aufbauen und Fehlerkultur fördern
Beteiligte:
o Auftraggeber: Petra Brandl, GeschäftsführerinKfz-Innung Schwaben
o Workshop-Leitende: Dr. Bernhard Ludwig,Co-Geschäftsführer von imu Augsburg,
und Paul Bayerle, integraler Organisationentwickler von imu Augsburg
o Workshop-Teilnehmende: Führungsteam – 12 Personen,die neu in der Rolle als Teamlead sind, und Petra Brandl, Geschäftsführerin derKfz-Innung Schwaben
Die Kfz-Innung Schwaben ist die Interessengemeinschaft von Autohäusern und Kfz-Betrieben im Regierungsbezirk Schwaben. Mit mehr als 1.000 Mitgliedsbetrieben ist sie die zweitgrößte Handwerksinnung Deutschlands. Anders als bei Handwerkskammern ist die Mitgliedschaft in der Innung für die Kfz-Betriebe freiwillig. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die Innung zum einen Staatsaufgaben: Sie führt beispielsweise verpflichtende ausbildungsbegleitende Lehrgänge für Azubis durch, nimmt die Gesellenprüfung in Theorie und Praxis ab oder ist anerkennende Behörde bei fahrzeugtechnischen Prüfungen wie Sicherheits- und Abgasuntersuchungen.
Daneben ist die Kfz-Innung Schwaben beratend für ihre Mitgliedsbetriebe tätig – etwa in Bezug auf rechtliche, technische und betriebswirtschaftliche Fragen. Sie hält die Betriebe über neue Gesetze, technische Innovationen und neue Werkstoffe auf dem Laufenden. Diese Formen der Unterstützung sind spezifischer als die der Handwerkskammern: Dezidiertes Kfz-Know-how ist das Alleinstellungsmerkmal der Innung. Gleichzeitig ist die Handwerkskammer Aufsichtsbehörde der Innung, die vereinsähnliche Strukturen hat. Es gibt einen von Mitgliedern gewählten Vorstand und Ausschüsse, Gremien, die ehrenamtlich besetzt sind. Der Vorstand beruft die hauptamtliche Geschäftsführung, die das operative Geschäft verantwortet.
Eine Besonderheit der Kfz-Innung Schwaben: Siebetreibt eines der größten Bildungszentren im deutschen Kfz-Gewerbe. Neben den hoheitlichen Prüfungsaufgaben finden hier technische Weiterbildungen sowie Herstellerschulungen statt. Es gibt zudem Vorbereitungskurse für die Meister- und Kfz-Servicetechnikerschulung. Die 250 Plätze für Teilnehmende im Bildungszentrum sind ganzjährig belegt. Insgesamt hat die Kfz-Innung Schwaben rund 70 Beschäftigte – darunter 27 Ausbilderinnen und Ausbilder.
Die digitale Transformation und der Übergang zur Elektromobilität bringen weitreichende Veränderungen für die Kfz-Branche. Noch läuft das Geschäft zum Großteil wie bisher, aber ein radikaler Wandel für die nächsten Jahre ist absehbar. Selbst wenn das Verbrenneraus noch etwas auf sich warten ließe: In immer mehr Autos wird komplexe Software verbaut. Um die Autohäuser und Kfz-Betriebe auch künftig gut bei ihren Aufgaben mit verschiedenen Dienstleistungen zu unterstützen, möchte sich die Kfz-Innung selbst neu aufstellen.
Bisher kennt die Organisation nur Weiterentwicklungen innerhalb etablierter Strukturen. Einige Mitarbeitende sammelten im Lauf der Jahre Aufgaben aus verschiedenen Bereichen an. So ist eine starkpersonenbezogene Aufgabenverteilung entstanden. Austausch zwischen den verschiedenen Aufgabenbereichen fand nur wenig statt. Es haben sich feste Abläufe etabliert, die nicht zur neuen Dynamik der Branche passen. Veränderungen detailliert im Voraus zu planen, wird immer schwieriger. Die Mitarbeitenden müssen künftig stärker mit unklaren Situationen umgehen können und trotzdem handlungsfähig bleiben. Zudem ist die Innung zuletzt starkgewachsen. Die wenigen Führungskräfte waren für immer mehr Mitarbeitende zuständig, was kaum noch zu leisten war und die Organisation zusätzlich lähmte. Viele Informationen und die meisten Entscheidungskompetenzen lagen bei wenigen Personen (Herrschaftswissen und stark hierarchische Entscheidungsstruktur).
Dass mehrere langjährige Mitarbeitende in Schlüsselpositionen fast zeitgleich in Rente gingen und viele Prozesse und Abläufe nicht mehr zeitgemäß waren, nahmen Vorstand und Geschäftsführung zum Anlass für eine Neuausrichtung. Dafür trafen sie sich Ende 2021 mit einigen Mitarbeitenden zu einer zweitägigen Strategiesitzung, in der sie die Vision der Kfz-Innung Schwaben erarbeiteten (visualisiert von Graphic Recorderin Heike Haas): Künftig sollen zwölf Mitarbeitende als Teamleads die Kfz-Innung Schwaben gemeinsam mit der Geschäftsführung in die Zukunft führen. Viele davon kamen neu in die Organisation, einige haben noch keine Mitarbeitenden im Team. Die Aufteilung orientiert sich an Themenbereichen, die Teamleads sollen aber von Anfang an bereichsübergreifend agieren. So möchte die Innung die Verantwortung stärker in die Belegschaft tragen – die Geschäftsführung und die Leitung des Bildungszentrums soll nicht zum Nadelöhr bei wichtigen Entscheidungen werden. Um Teamlead zu werden, sind keine Kfz-Kenntnisse nötig. Wichtiger sind eine offene Haltung, Mut, Zuversicht, Verantwortungsbewusstsein und Belastbarkeit.
Gemeinsam mit der Geschäftsführung sollen die Teamleads eine neue Unternehmenskultur anstoßen und an Strukturen und Prozessen arbeiten, die die Innung zukunftsfähig machen.
Die Teamleads der KfZ-Innung brauchen für die Zusammenarbeit eine gute Vertrauensbasis. Damit die Führungskultur des Unternehmens in die gewünschte Richtung geht, sollten die Teamsleads ein gemeinsames Zielbild entwickeln. Es galt, besser zu verstehen, wie die einzelnen Führungskräfte geprägt sind und welche Werthaltungen oder Glaubenssätze sie einbringen.
So entstand die Idee, in einem viertägigen Workshop – aufgeteilt in zwei zweitägige Termine– Geschichte und Zukunft für alle greifbar und besprechbar zu machen. In der Konzeptionsphase des Workshops war vieles noch unklar, was die weitere Strategie der Kfz-Innung betrifft. Das Format sollte individuell auf den neuen Führungskreis zugeschnitten sein und laufend auf Bedürfnisse der Auftraggebenden und der Teilnehmenden eingehen. Gleichzeitig sollten die Workshopteilnehmenden durch gemeinsame Reflexionsübungen die künftige Ausrichtung mit beeinflussen können.
Workshopdauer, Zeitpunkt und Durchführungsort
o Insgesamt vier Tage, jeweils zwei zweitätige Termine, im Abstand von etwa zwei Monaten
o Beide Workshoptermine fanden in den Räumlichkeiten des imu in Augsburg statt
Herausforderungen
o Diversität der Teamleads: Die Workshopteilnehmenden hatten verschiedene Charaktere und berufliche Backgrounds. Manche waren schon einige Zeit im Unternehmen, viele ganz neu.
o Vieles war noch unklar und im Entstehen – zum Beispiel gab es noch kein gemeinsames Zukunftsbild der Innung und manche Teamleads hatten noch keine Teammitarbeitenden.
o Eine neue Führungsstruktur aufzubauen und vier Tage weg vom Alltagsgeschäft ist eine Investition, die sich lohnen soll. Es galt, die Sinnhaftigkeit des Workshops und der neuen Führungskultur gut in die Organisation zu kommunizieren.
Ankündigung/Kommunikation
o Geschäftsführerin Petra Brandl und der Leiter des Bildungszentrums waren mit verschiedenen Anbietern in Kontakt. Sieentschieden sich für das imu augsburg, einem der fünf Partner des Weiterbildungsverbundes ZUKUNFTmobil.
o Sobald die Auswahl getroffen war, erfuhren die Teamleads in ihrem Regelmeeting davon – alle waren sofort begeistert von der Idee.
o Als die Workshoptermine feststanden, informierte der Führungskreis die restlichen Mitarbeitenden in der wöchentlichen Besprechung darüber. Die Veränderung und Umstrukturierung waren ihnen zu dem Zeitpunkt schon bekannt und in vollem Gange.
o Nach den Workshops informierten die Teamleads ihre Teams über Inhalte der Workshops.
Thema: Führungsteam stärken und integrale Werkzeuge für gemeinsame Sprache kennenlernen
Setting: Die Workshops von ZUKUNFTmobil starten im Stuhlkreis, bei imu in Augsburg
Übungen zum Ankommen und Kennenlernen (vier Blickwinkel auf unser Arbeitsleben):
Check-in: Die Teilnehmenden bekamen vier Fragen bzw. Assoziationshilfen:
o Name, Funktion, wie lange dabei?
o Was sind meine Erwartungen an die beiden Tage?
o Mir geht’s im Augenblick….
o Mein erstes Auto, das ich gefahren habe…
Dabei sammelten die Workshopleitenden die Erwartungshaltungen der Teilnehmenden – und zwar folgende:
o Team stärken und gemeinsame Ziele finden
o Einigkeit/Klarheit in Zielen
o Bilderabgleich zur Firmen-Kultur
o Über Dinge im „Innen“ der Personen und der Organisation sprechen
o Diverse Stärken stärken
o Mit Unterschieden konstruktiv umgehen lernen
o Umgang untereinander bewusster machen und gegenseitige Erwartungen klären
o Gemeinsame Sprache für die interne Kommunikation finden
o Raus aus dem Alltag kommen
Kennenlerndreieck Besonderheit/Einzigartigkeit: Bei dieser Übung in Dreiergruppen sollten die Teilnehmenden jeweils eine Besonderheit an sich selbst finden, die die anderen Personen der Gruppe nicht haben. Zudem sollten sie eine Gemeinsamkeit finden, die sie nur mit einem der anderen Gruppenteilnehmenden verbindet.
Parkplatz: Während des gesamten Workshops war ein Flipchart für Ideen, Impulse, Chancen reserviert, die während der zwei Tageaufkamen.
Übungen zur Unternehmenskultur:
Aufgabe Unternehmenskultur: Die Teilnehmenden teilten sich in zwei Gruppen mit jeweils sechs Personen. In ihrer Gruppe sollten sie Antworten auf folgende Fragen sammeln: Was finden wir an der Unternehmenskultur positiv? Was wollen wir anpacken? Es lagen Karten mit unterschiedlichen Farben und Stifte bereit, die sie pro Gruppe jeweils an einer Stellwand anbringen konnten. Es folgte ein Abgleich der beiden Stellwände in der gesamten Gruppe.
Bilderabgleich in Teamleitungsrunde:
Impuls zur menschlichen Wahrnehmung: Die Workshopleitenden stellten Theorien dazu vor, wie Bilder im Kopf entstehen. Sieführten aus, dass Reize und Wahrnehmung 5 Prozent davon ausmachen, der innere Zustand (Gefühle, Gedanken, Körper basierend auf Erfahrungen und Erwartungen) hingegen 95 Prozent. Sie brachten dies auf die Quintessenz: „Glaube nicht alles, was Du denkst!“ Es ging darum, die Teilnehmenden für bewusste und unbewusste Ebenen –also die Subjektivität und Selektivität der menschlichen Wahrnehmung – zu sensibilisieren. Da aus inneren Bildern Absichten und Handlungen entstehen, animierten die Workshopleitenden dazu, innere Zustände bewusst zu machen und darüber zusprechen – nach dem Motto: „Nur was bewusst ist, ist gestaltbar.“
Übung 1: Nun konnten die Teilnehmenden ihre Wahrnehmungssensibilität direkt am eigenen Beispiel üben. Sie sollten in der großen Runde Begriffe sammeln, die ihnen zu der Frage einfallen, welchen Zweck die Teamleitungsrunde für die KfZ-Innung hat.
Übung 2 (Bilderabgleich zu Angst und Vertrauen): Die Teilnehmenden sammelten Begriffe, die verdeutlichen, vor was sie Angst haben und auf was sie vertrauen – im Kontext der Transformation der Kfz-Innung.
Leitungsfunktion und aktives Zuhören:
Triaden-Übung zur Führungsrolle: Die Teilnehmenden gehen in Dreiergruppen zusammen und sollen sich zu folgenden Fragen austauschen: Was bedeutet Leitung für mich? Was brauche ich dazu? Eine Person spricht fünf Minuten, die anderen beiden hören zu und machen sich ggf. Notizen.
Interne Kommunikation:
Ideensammlung: Die Teilnehmenden überlegten sich, was sie in ihrer Organisation über den Workshop sagen möchten.
Konkreter Austausch zur Teamleitungsrunde: Inder Kfz-Innung Schwaben findet wöchentlich eine Teamleitungsrunde mit Geschäftsführung und Teamleads statt. Die Workshopteilnehmenden gingen in den Austausch, wie sie dieses Meeting künftig gestalten wollen: Was sollen die Ziele sein und welche Struktur passt dafür am besten? Und welche weiteren Formate für die Teamleitung soll es künftig noch geben?
Thema: Weiter Zusammenwachsen und Sicherheit im Alltagstransfer aufbauen
Im zweiten Teil des Workshops ging es vor allem darum, noch mehr konkrete Strategien für den eigenen Alltag zu finden und über Probleme beim Kulturwandel zu sprechen. Dazu stellten die Workshopleitenden vom imu augsburg weitere Modelle zum Verständnis von Veränderung vor und übten diese mit den Teilnehmenden– anhand eines Bilderabgleichs zum Status quo der Innung und zur Kommunikation der Workshopinhalte in die Organisation.
Ankommen und Erwartungshaltung:
Die Gruppe startete mit einem gemeinsamen Check-in (Wie haben die beiden ersten Workshoptage im Berufsalltag nachgewirkt?) und der Abfrage an die Erwartungen den zweiten Workshopteil.
Werteebenen nach Spiral Dynamics:
Die Workshopleitenden stellten die kulturellen und individuellen Entwicklungsstufen nach Spiral Dynamics vor. Demnach reagieren Menschen mit bestimmten Werthaltungen auf ihre Umwelt, um neuen Herausforderungen gut begegnen zu können. Verschiedenen Werthaltungen ordnet das Modell zum besseren Verständnis verschiedene Farben zu.
Zudem nutzt das imu augsburg das Vier-Quadranten-Modell zur Visualisierung und Besprechung von Transformationsprozessen. Die Werthaltungen kann man damit verschiedenen Bereichen der menschlichen Wahrnehmung und Empfindung zuordnen. Die visuelle Darstellung von vier Quadranten stehen für vier Perspektiven und Blickwinkel auf das Arbeitsleben:
o Ich, Innen (subjektiv, erlebbar): Haltung, Gedanken, Gefühle, Körperwahrnehmung
o Ich, Außen (objektiv, sichtbar): Verhalten, Wissen, Kompetenzen, Körper
o Wir, Innen (subjektiv, erlebbar): Kultur, Wir-Gefühl, Werte, Beziehungsqualität
o Wir, Außen (objektiv, sichtbar): Strukturen, Produkte, Prozesse, Infrastruktur
Selbstreflexion: Kfz-Innung der Zukunft:
Auf Basis dieses Inputs konnten die Teilnehmenden nun das Modell an ihrer Organisation anwenden. Sie bekamen die Frage, wo sie aktuell stehen. Es ging darum, wie die Führungskräfte einerseits und die Mitarbeitenden andererseits die Transformation gestalten. Dabei entstand eine erste unternehmensspezifische Landkarte, die aufzeigt, wie die Werthaltungen zu Themen wie Führung, Digitalisierung und Kulturwandel in den vier Quadranten verteilt sind (die Teilnehmenden nannten die Visualisierung„ die Dart-Scheibe“, da durch die Aufteilung in Quadranten, Linien und Kreise der Werthaltungen ein Bild entsteht, das dieser ähnelt).
Zudem regten die Workshopleitenden einen Bilderabgleich an: Geschäftsführerin Petra Brandl stellte die Visionen und Zukunftsbilder des Vorstands von Ende 2021 vor – anhand der Visualisierung der Graphic Recorderin Heike. Die Workshopteilnehmenden tauschten sich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus.
Ausblick und nächste Schritte
Die Teilnehmenden widmeten sich zum Abschluss der Frage, wie es nun mit der Transformation weitergehen soll – insbesondere in Bezug auf die interne Kommunikation und die Strukturen und Prozesse für die Teamleads. Folgende Punkte haben sie dazu erarbeitet.
1. Ausblick Kommunikation
· „Dart-Scheibe“ in die Teams tragen
· Allen die Vision zeigen
· Vision im Unternehmen aufhängen/veröffentlichen
· Alle zur Kulturgestaltung einladen und verschiedene Werte integrieren
· Wissenstransfer und Onboarding für alle
2. Nächste Schritte in der Teamlead-Runde:
· Kick-off Meeting der Teamleads, um Zukunftsthemen gemeinsam auf Teams aufzuteilen
· Mitarbeitende inhaltlich in Teams integrieren
· Zwischenstand in der Runde der Teamleads abgleichen
· Teams mit Themen allen Mitarbeitenden vorstellen – via Teams, live und aufgezeichnet on demand
· Onboarding neuer Teamleads bewusst gestalten
· Gemeinsames Motto leben: „Wir unterstützen uns und holen uns Hilfe, wenn nötig.“
Beobachtungen und Erkenntnisse bei der Durchführung
Das neue Führungsteam wollte für den Workshop „raus“ aus der Innung, damit sich jeder der Teilnehmenden auf die Inhalte konzentrieren kann. Die Räumlichkeiten fernab vom Arbeitsplatz am imu augsburg förderten die Offenheit der Teilnehmenden für Neues.
Die Workshopleitenden nahmen laufend Ideen und Impulse auf. Auf einem Flipchart (Parkplatz) hielten sie fest, was in der Runde unklar war und was die Teilnehmenden noch besprechen wollten. Die Punkte nahmen sie flexibel auf und änderten die Agenda „on the fly“. So wollten die Teilnehmenden beispielsweise thematisieren, wie sie mit der wahrgenommenen Hierarchie umgehen, wie sie ihre Teamleitungsrunde besser strukturieren und wie sie gut in die Organisation kommunizieren. Sie wünschten außerdem einen Austausch dazu, wie sie gut in ihre Führungsrolle kommen.
Die Geschäftsführerin Petra Brandl bot den Teamleads zu Beginn das Du an. Mitdiesem Schritt wollte sie verdeutlichen, dass alle mit ihr auf Augenhöhe Verantwortung für die Führung der Organisation tragen. Während des Workshops hat dies gut funktioniert.
o Wordings wie Teamlead weckte bei den Workshopteilnehmenden verschiedene Assoziationen. Während die einen das eher als eine neue Hierarchieebene sehen, begreifen andere die neue Führungskultur als eine Form der Mitgestaltung.
o Die Reflexionsübung zum Blick auf die Innung, bei der die Teilnehmenden in zwei Gruppen geteilt waren, ergaben ähnliche Bilder – obwohl die beiden Gruppen nicht sehen konnten, was die anderen machten. Das zeigt: Die Sicht auf die Stärken und Schwächen ist im Kreis der Teamleads sehr ähnlich ausgeprägt.
Folgende Ergebnisse sind sichtbar:
o Konkretes Zukunftsbild: Die Teilnehmenden können anhand des Vier-Quadranten-Modells nach Spiral Dynamics die großen Themen benennen, die die Zukunft der Kfz-Innung ausmachen. Sie sind sich im Klaren, dass sie diese noch genauer herunterbrechen müssen.
o Erfreulicherweise ähneln sich die Visionen und Zukunftsbilder für die Innung von Vorstand und Teamleads in großen Teilen. Das zeigte sich, als beim 2. Workshop-Termin das Graphic Recording aus November 2021 vorgestellt wurde.
o Die Teilnehmenden vereinbarten konkrete Eckpunkte für ihre Kommunikation. So soll die Teamleitungsrunde möglichst in Präsenz stattfinden und dafür ein guter Termin für alle gefunden werden. Es ist klar, dass es in dem Meeting Zeit zum Ankommen braucht, in der jeder und jede fünf Minuten für sich hat, um zu reflektieren, was ansteht. Zudem wollen sich die Teamleads einen klaren Ablauf geben, der durch Fragen strukturiert ist.
o Da ein wöchentliches Meeting oft nicht ausreicht, um alle Informationen auszutauschen, vereinbarten die Teamleads zudem Formate wie Themenwochen, Briefkasten für Mitarbeitende (Stimmungsbarometer), Redeslots für alle (quartalsweise), Live Meeting-Notes, Zusammenfassungen der Inhalte der Teamleitungsrunde auf Teams und Informationsmeetings für Mitarbeitende.
o Die neuen Tools und Modelle aus dem Workshop wenden die Teamleads in ihren Meetings an, wenn es passt – etwa, indem sie ganzheitlich auf Probleme schauen und dafür das Bild der vier Quadranten nutzten, um genauer zu analysieren, wo die Ursachen und Wirkungen begründet sind. Wenn es nicht so gut läuft oder Fehlerpassieren, sind sie hilfreich, um im Veränderungsprozess nicht den Mut zu verlieren.
o Es gibt immer noch Duzende und Siezende im Kreis der Teamleads. Vor allem diejenigen, die schon lange dabei sind, tun sich im Nachgang des Workshops schwer, nicht wieder ins Sie zurückzufallen. Für manche scheint es eine höfliche, respektvolle Umgangsform zu sein, an der sie festhalten wollen.
o In der Führungsrunde ist ein Austausch auf Augenhöhe entstanden. Die Teamleads tauschen sich stärker untereinander aus und fragen sich gegenseitig, wie sie bestimmte Herausforderung angehen. Das strahlt auch auf die Mitarbeitenden aus: Die Teambesprechungen sind offener geworden, so dass insgesamt die Zielsetzung der Transformation und die Gründe für bestimmte Strukturen und Prozesse für alle verständlicher und nachvollziehbarer wird.
To Dos und nächste Schritte:
o Ab Herbst ist der Fokus verstärkt auf der Umsetzung der erarbeiten Ziele und einer Verfestigung der erlernten Methoden. Zum Beispiel bei der internen Kommunikation fallen die Teamleads und die Mitarbeitenden noch leicht in alte Muster und Routinen zurück. Die Führungsrunde muss dranbleiben, die gewünschte Veränderung immer wieder anstoßen und Rückfälle in alte Denkweisen offen ansprechen.
o Die Vision des Vorstandes hängt noch nicht im Büro. Die Führungsrunde musste sich erst einigen, wie partizipativ sie bei der Kommunikation vorgehen möchten – ob die Mitarbeitenden Teile der Vision selbst miterarbeiten sollen oder ob sie alles vorgeben. Sie haben sich dafür entschieden, dass die Mitarbeitenden nun eine eigene Vision der Innung entwickeln sollen, um auch hier in den Bilderabgleich gehen zu können.
o Unterschiedliche Umsetzungsgeschwindigkeiten unter Teamleads und Mitarbeitenden macht laufenden Abgleich erforderlich. O-Ton der Geschäftsführerin: „Wenn wir sagen, das machen wir so, erwartet eine Person beim nächsten Mal das Ergebnis, die andere wartet noch auf ein offizielles Go.“
o Im Alltag ist es schwer, Zeit für die Veränderung zu finden. Der Kreis der Teamleads und die Geschäftsführung müssen Routinen finden, um weiter an der Führungskultur zuarbeiten – etwa, indem sie sich Zeitblöcke im Kalender dafür reservieren.
Erfolgsfaktoren und Learnings für andere Unternehmen
o Veränderung braucht eine passende Sprache. Die Akteure von ZUKUNFTmobil zeigten sich offen dafür, dass die Beteiligten im Workshop selbst ihre eigene finden.
o Die Workshopteilnehmenden konnten sich mit ihren unterschiedlichen Charakteren und Sichtweisen laufend einbringen. Das Programm zeichnete sich deshalb durch eine hohe Flexibilität aus – es wurde mehrfach geändert. So entsteht eine hochindividuelle Intervention, die genau zu den Bedürfnissen und dem Status quo der Organisation passt. Dafür braucht es die Bereitschaft, sich auf Experimente einzulassen.
o Veränderung lässt sich durch neue Strukturen anregen, aber ob Menschen sie annehmen, hängt von ihren persönlichen Werthaltungen und Gewohnheiten ab. Das zeigte sich zum Beispiel daran, dass nach wie vor manche Mitarbeitenden die anderen siezen möchten.
o Um eine gelernte Führungskultur und bisherige Hierarchien zu überwinden, kann essinnvoll sein, einen Workshop ohne Vorgesetzte durchzuführen. Die Geschäftsführer Petra Brandl hat sich dafür entschieden, dabei zu sein, um trotz verschiedener Verantwortungslevel Augenhöhe zu üben.
o Nicht nur die langjährigen Mitarbeitenden, sondern auch diejenigen, die neu im Unternehmen sind, tun sich mit Veränderung teilweise schwer. Was Menschen in der Arbeitswelt lernen, nehmen sie auch bei einem Arbeitgeberwechsel mit.
o Wenn ein Team – wie in diesem Fall das der Teamleads – zusammenwächst, gibt es viele Meinungsverschiedenheiten und Konflikte. Das gilt es anzuerkennen. Dennoch ist es wichtig, dass alle die gleichen Ziele verfolgen wollen und die Argumente der anderen hören und verstehen lernen.
o Veränderung ist kein Selbstläufer. Es ist eine zentrale Rolle von Führung, immer wieder daraufhinzuweisen, dass man nicht nachlassen darf.
Stimmen von Beteiligten
„Es war die beste Idee, die wir jemals hatten: mit dem neuen Führungsteam vier Tage einen solchen Workshop zu machen. Es war genau der richtige Zeitpunkt und wir haben nun eine gute Grundvoraussetzung dafür, unsere Führungsziele umzusetzen.“
Petra Brandl, Geschäftsführerin Kfz-Innung Schwaben
O-Töne von Teilnehmenden des Workshops:
„Der Workshop war ein Auftaktprozess für die neue Kultur der Kfz-Innung Schwaben. Aber dieser Prozess hört nicht auf.“
„Das hat sich allein schon wegen des „per Du“ rentiert.“
„Aus dem Workshop habe ich eine positivere, aktivere Einstellung mitgenommen. Wenn nicht wir, die wir die Innung von innen kennen, uns um die Zukunft und die Zusammenarbeit kümmern, wer dann?“
„Mit der Anwendung von Spiral Dynamics haben wir die Möglichkeit, unser Team und unsere Projekte effektiver gestalten. Durch das Verständnis der verschiedenen Werteebenen können wir unsere Kommunikation und Zusammenarbeit verbessern.“
„Wir haben mehrere Tage intensiv miteinander verbracht und uns gut kennengelernt. Das hat mir ermöglicht, die Kolleginnen und Kollegen sowie deren Handlungen besser zu verstehen. Es ist ein Zusammenhalt entstanden, durch den ich mich gestärkt fühle.“
„Wir haben im Workshop gemerkt, dass wir alle in die gleiche Richtung gehen wollen. Wenn man das Ziel kennt, kann man den Weg nach eigenen Vorstellungen beschreiten. Das stärkt mich und verleiht meiner Arbeit Sinn und Erfüllung!“